Gottfried August Homilius: „Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld“
Braunschweiger Erstaufführung (2.4.2017)
Zur Braunschweiger Erstaufführung gelangte am 2. April 2017 in der St. Katharinen Kirche die Passionskantate „Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld“ von Gottfried August Homilius (1714-85). Dargeboten von einer hochkarätigen und internationalen Sängerbesetzung wurde diese Aufführung zu einem einmaligen Konzerthöhepunkt.
Lisa Schmalz, Hamburg (Sopran)
Geneviéve Tschumi, Schweiz (Alt)
Vernon Kirk, London/Berlin (Tenor)
Tim Maas, Niederlande (Bass)
Kantorei und Kammerorchester an St. Katharinen
LKMD Claus-Eduard Hecker (Leitung)
Homilius‘ Lebensweg
Gottfried August Homilius wurde am 2. Februar 1714 in Rosenthal (Sachsen) als Sohn eines Pastors geboren; bereits kurz nach der Geburt Gottfried Augusts zog die Familie nach Porschendorf bei Pirna, wo Homilius die ersten Jahre seines Lebens verbrachte. Im Mai 1735 wurde Homilius als Jura-Student an der Universität Leipzig immatrikuliert. Auch in Leipzig war er musikalisch aktiv. Die durch Johann Adam Hiller bezeugte Schülerschaft Homilius‘ bei Johann Sebastian Bach dürfte in diese Zeit fallen. Nach einer erfolglosen Bewerbung auf eine Organistenstelle in Bautzen wurde Homilius 1742 als Organist an der Dresdner Frauenkirche angestellt. 1755 trat Homilius schließlich die Nachfolge Theodor Christian Reinholds als Kreuzkantor und Musikdirektor der drei Dresdner Hauptkirchen an, ein Amt, das er bis zu seinem Tod am 2. Juni 1785 innehatte.
Neun Homilius Passionen
Von Homilius sind mindestens neun Passionen überliefert, und zwar sowohl oratorische Passionen zu den vier Evangelisten als auch fünf Passionsoratorien, also Passionen ohne biblischen Passionsbericht, darunter die hier erklingende Passionskantate „Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld“.
Aufführungen auch in Wolfenbüttel
Dass eine Passion gedruckt vorgelegt wurde, gehört im 18. Jahrhundert zu den ganz großen Ausnahmen. Schon die Subskribentenliste zu Homilius‘ Passionskantate ist beachtlich. Der Druck führte zu einer außerordentlichen Verbreitung dieser Komposition. Textbücher belegen dazu Aufführungen unter anderen auch in Wolfenbüttel (o.J.), wobei es sich hierbei lediglich um Zufallsfunde handelt.
Die Passionsdichtung
Die Passionsdichtung Ernst August Buschmanns stellt keine Nachdichtung des Evangelienberichtes dar und das Passionsgeschehen wird lediglich von außen betrachtet. Nur zweimal vermischt sich der Blick des Betrachters mit der Handlung, kommen in einzelnen Arien die betrachteten Personen selbst zu Wort: Jesus in „Ich bete, zürne nicht“ (Nr. 6) und Petrus in „Nun wird mich, Gott, dein Donner fassen“ (Nr. 12a) – und jeweils sind es Texte, die die Identifikation des sündigen Hörers mit den Handelnden besonders nahe legen.
Der Chor ist deutlich aufgewertet
Der Chor ist in dieser Passionskantate – anders als in den oratorischen Passionen – nicht auf die biblischen Turbae festgelegt. Er vertritt vielmehr die dem Passionsgeschehen folgende Christengemeinde und ist damit gegenüber den oratorischen Passionen deutlich aufgewertet. Große Chorszenen prägen die Passionskantate. Die Passions-Cantate beginnt wie fast alle Passionen von Homilius (und vielen seiner Zeitgenossen) mit einem schlichten Choralsatz. Der sich daran anschließende „eigentliche“ Eingangschor aber wurde zu einem der bis in unsere Zeit bekanntesten Chöre von Homilius überhaupt.
Texte entstammen der Bibel
Die Texte der reinen Chorsätze entstammen allesamt der Bibel. Es handelt sich dabei aber nicht um Texte aus den Passionsberichten, sondern um betrachtende Texte, zu einem guten Teil aus dem Alten Testament.
Auch außerhalb der Chöre wird Bibeltext gelegentlich direkt zitiert. Eine herausgehobene Stellung kommt dabei zwei Ariosi über Jesaia zu.
Zur Edition
Die allein maßgebliche Quelle für die Edition ist die 1775 von Homilius‘ Schüler Johann Adam Hiller bei Bernhard Christoph Breitkopf und Sohn herausgegebene Druckausgabe. Die Druckausgabe ist überaus genau und vollständig bezeichnet.
Lediglich Anweisungen zur Ausführung der Choräle fehlen: Sie sind nur als vierstimmiger Satz mit Text im Bass notiert.
Bemerkenswerter Aufführungsort
Aufführungsort ist die zentrale Stadtkirche St. Katharinen in Braunschweig, die nicht nur dem Braunschweiger Publikum für facettenreiche konzertante Aufführungen und bemerkenswerte gottesdienstliche Kirchenmusik bekannt ist.
Plakat: Albrecht-Design